Von Christkind bis Weihnachtsmärkten – Wie Deutschland Weihnachten feiert
Es ist wieder soweit: Die ersten Lichterketten blinken in den Fenstern, der Duft von gebrannten Mandeln und Glühwein liegt in der Luft, und irgendwo zwischen all dem Trubel fragt sich wieder jemand: „Bringt bei uns eigentlich das Christkind oder der Weihnachtsmann die Geschenke?“
Willkommen in Deutschland – dem Land, in dem Weihnachten so vielfältig ist wie die Dialekte zwischen Flensburg und Berchtesgaden. Hier wird nicht nur gefeiert, sondern richtig gefeiert: mit Märkten, die weltweit berühmt sind, mit Bräuchen, die bis ins Mittelalter zurückreichen, und mit kulinarischen Traditionen, die selbst den letzten Plätzchen-Muffel weich werden lassen.
Doch was macht die deutsche Weihnachtszeit so besonders? Und warum streiten sich manche Familien Jahr für Jahr darüber, ob der Baum nun am 24. oder schon vorher aufgestellt wird?
Schnapp dir eine Tasse Glühwein (oder Kinderpunsch), und lass uns eintauchen in die magische, manchmal skurrile, aber immer herzerwärmende Welt des deutschen Weihnachtsfests.
Christkind vs. Weihnachtsmann: Wer bringt eigentlich die Geschenke?
Wer kommt am Heiligabend? Die Antwort hängt stark davon ab, in welchem Teil des Landes du feierst – und wie traditionell deine Familie tickt.
- Das Christkind: Vor allem in Süddeutschland, Bayern, Franken und Teilen von Sachsen bringt ein engelhaftes Wesen mit goldenen Locken und Flügeln die Geschenke. Der Brauch geht auf Martin Luther zurück, der im 16. Jahrhundert das Christkind als protestantische Alternative zum katholischen Nikolaus einführte. Heute klingelt es (unsichtbar, versteht sich) an der Tür, läutet mit einem Glöckchen und liest aus einem Buch vor, was die Kinder im letzten Jahr so angestellt haben.
- Der Weihnachtsmann: Im Norden und Westen Deutschlands sowie in vielen Großstädten übernimmt ein rot gekleideter, bärtiger Herr die Aufgabe. Sein Look? 100% Coca-Cola-Marketing – denn das Bild des heutigen Weihnachtsmanns wurde wahrscheinlich maßgeblich von einer Werbekampagne der 1930er Jahre geprägt. Aber ganz sicher ist das auch nicht. Früher sah er jedenfalls oft ganz anders aus: mal grün, mal schlank, mal mit Rentieren, mal ohne.
- Der Nikolaus: Am 6. Dezember kommt in vielen Regionen der Nikolaus – aber Achtung, nicht zu verwechseln mit dem Weihnachtsmann! Er trägt einen Bischofsstab, einen langen Mantel und wird oft von Knecht Ruprecht begleitet, der (je nach Gegend) entweder Süßigkeiten oder die Rute für unartige Kinder mitbringt. In manchen Familien stellt man am Vorabend Stiefel vor die Tür, die dann mit Nüssen, Mandarinen und Schokolade gefüllt werden.
In einigen Regionen gibt es das „Frauentragen“ – ein christlicher Adventsbrauch, bei dem ein Bild mit der schwangeren Maria von Familie zu Familie weitergegeben wird. Meist bleibt das Bild über Nacht in einer Familie oder einer Einrichtung. Übrigens: Andere moderne Varianten des Frauentragens haben nichts mit dem Adventsbrauch zu tun.
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Weihnachtsmärkte: Wo Glühwein und Geschichte aufeinandertreffen
Kein Land auf der Welt hat so viele Weihnachtsmärkte wie Deutschland – und keiner ist wie der andere. Von mittelalterlichem Flair bis zu modernen Lichterwelten: Hier findet jeder seinen Lieblingsmarkt.
Die Klassiker: Märkte mit Geschichte
- Nürnberger Christkindlesmarkt: Der berühmteste Markt Deutschlands – und einer der ältesten! Seit dem 16. Jahrhundert lockt er Besucher mit Lebkuchen, Zwetschgenmännle und dem Eröffnungsspruch des Christkinds: „Ihr Kinderlein kommet…“. Wer hier nicht mindestens einmal „Drei im Weckla“ (drei Nürnberger Rostbratwürste im Brötchen) gegessen hat, war nicht wirklich da.
- Dresdner Striezelmarkt: Älter geht’s nicht! Seit 1434 gibt es diesen Markt, benannt nach dem „Striezel“, einem Vorläufer des Christstollens. Hier gibt es auch den größten Weihnachtsbogen der Welt – und wer Glück hat, trifft auf einen Pflaumentoffel, eine Figur aus Backobst, die früher als Spielzeug diente.
- Mittelalterlicher Markt in Esslingen: Wer sich wie im 16. Jahrhundert fühlen will, ist hier richtig. Gaukler, Handwerker in historischen Gewändern und Met statt Glühwein – das ist Weihnachten wie aus dem Geschichtsbuch.
Tipp: Wer den Rummel um die großen Märkte meiden will, sollte kleinere Städte wie Bamberg, Regensburg oder Quedlinburg besuchen. Dort ist die Atmosphäre oft noch ursprünglicher – und die Preise für Glühwein auch.
Typisch deutsche Bräuche: Vom Adventskranz bis zum Stollen
Der Adventskranz: Warum vier Kerzen?
Der Adventskranz ist erfunden von einem Hamburger Theologen – genauer gesagt von Johann Hinrich Wichern, der 1839 im „Rauhen Haus“ (einem Waisenhaus) den ersten Kranz mit 24 Kerzen (20 kleine für die Werktage, 4 große für die Sonntage) aufhängte. Heute reichen meist vier Kerzen – eine für jeden Sonntag im Advent.

Plätzchen backen: Mehr als nur Kekse
In deutschen Küchen wird ab November gebacken, was das Backblech hergibt:
- Vanillekipferl (ursprünglich aus Österreich, aber in Deutschland längst adoptiert)
- Zimtsterne (vegan, weil aus Eiweiß und ohne Butter!)
- Spekulatius (mit Mandeln und Gewürzen – perfekt zum Glühwein)
- Spitzbuben (zwei Plätzchen mit Marmelade in der Mitte – der Name kommt übrigens von „Spitzbube“, weil sie früher als „Diebe“ galten, die die süße Füllung „stahlen“)
Geheimtipp: In Sachsen gibt es „Quarkkeulchen“ – frittierte Teigtaschen mit Quarkfüllung, die wie kleine Kissen aussehen. Dazu Pflaumenkompott oder Pflaumenmus – ein Traum!
Der Stollen: Dresdens süße Botschaft
Der Dresdner Christstollen ist so berühmt, dass er sogar ein eigenes „Stollenfest“ hat. Jedes Jahr wird ein Riesenstollen (oft über 3 Tonnen schwer!) durch die Stadt getragen und verkostet. Warum er „Christstollen“ heißt? Weil er an das in Windeln gewickelte Christkind erinnern soll.
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Regionale Besonderheiten: Von Bayern bis zur Küste
Bayern: Wo der Nikolaus mit dem Krampus kommt
In Oberbayern und Tirol ist der 6. Dezember ein großes Ereignis: Der Nikolaus kommt mit seinem dämonischen Begleiter Krampus, der mit Ketten rasselt und die unartigen Kinder erschrecken soll. In manchen Dörfern gibt es sogar „Krampusläufe“, bei denen verkleidete Männer als Krampus durch die Straßen ziehen – gruselig, aber faszinierend!
Erzgebirge: Wo die Bergleute das Licht brachten
Das Erzgebirge ist das Herz der deutschen Weihnachtsdekoration. Hier wurden im 17. Jahrhundert die ersten Räuchermännchen und Schwibbögen (Lichterbögen aus Holz) hergestellt. Der Brauch geht auf die Bergleute zurück, die mit den Lichtern ein Zeichen setzen wollten: „Wir sind sicher aus dem Bergwerk zurück!“
Norddeutschland: Wo der Weihnachtsbaum erfunden wurde
Wusstest du, dass der geschmückte Tannenbaum eine deutsche Erfindung ist? Die ersten belegten Weihnachtsbäume gab es im 16. Jahrhundert im Elsass (das damals noch zu Deutschland gehörte). Doch erst durch Goethe, der in „Die Leiden des jungen Werthers“ einen geschmückten Baum beschrieb, wurde der Brauch populär. Heute ist er aus keinem deutschen Wohnzimmer wegzudenken – auch wenn manche Familien ihn erst am Heiligabend aufstellen
Rheinland: Wo der „Knecht Ruprecht“ die Kinder prüft
Im Rheinland und Westfalen kommt am 6. Dezember nicht nur der Nikolaus, sondern auch Knecht Ruprecht – ein strenger Geselle mit Rute, der die Kinder fragt: „Habt ihr auch brav gebetet?“ Wer nein sagt, kriegt die Rute zu spüren – zumindest theoretisch. Heute gibt’s meist nur noch Süßigkeiten – aber die Spannung bleibt!
Ob Christkind oder Weihnachtsmann, Stollen oder Plätzchen, Krampus oder Knecht Ruprecht – in Deutschland ist Weihnachten so vielfältig wie das Land selbst.
Eines ist sicher: Egal, wie du feierst – Hauptsache, es ist gemütlich, herzlich und voller Wärme.
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- Thiele, Johannes(Autor)
Fotos: (c)pressmaster – Fotolia; (c)Arthur Kattowitz – stock.adobe.com























